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Übersetzungen: © 2015 Die Urantia Stiftung
THE GHOST CULTS
DIE PHANTOMKULTE
1955 87:0.1 THE ghost cult evolved as an offset to the hazards of bad luck; its primitive religious observances were the outgrowth of anxiety about bad luck and of the inordinate fear of the dead. None of these early religions had much to do with the recognition of Deity or with reverence for the superhuman; their rites were mostly negative, designed to avoid, expel, or coerce ghosts. The ghost cult was nothing more nor less than insurance against disaster; it had nothing to do with investment for higher and future returns.
2015 87:0.1 DER Phantomkult entwickelte sich als Ausgleich zu den Risiken drohenden Unglücks; seine primitiven religiösen Gepflogenheiten waren die natürliche Folge der Angst vor Pech und einer maßlosen Furcht vor den Toten. Keine dieser frühen Religionen hatte viel mit der Anerkennung einer Gottheit oder mit Ehrfurcht vor Übermenschlichem zu tun; ihre Riten waren meist negativer Art, denn sie waren bestimmt, die Phantome zu meiden, zu vertreiben oder zu nötigen. Der Phantomkult war nichts mehr und nichts weniger als eine Versicherung gegen Unheil, er hatte nichts zu tun mit Investitionen für höhere, zukünftige Erträge.
1955 87:0.2 Man has had a long and bitter struggle with the ghost cult. Nothing in human history is designed to excite more pity than this picture of man’s abject slavery to ghost-spirit fear. With the birth of this very fear mankind started on the upgrade of religious evolution. Human imagination cast off from the shores of self and will not again find anchor until it arrives at the concept of a true Deity, a real God.
2015 87:0.2 Der Mensch hat mit dem Phantomkult einen langen und erbitterten Kampf gefochten. Nichts in der ganzen Menschheitsgeschichte vermag mehr Mitleid zu erregen als dieses Bild des durch seine Furcht vor phantomatischen Geistern elendiglich geknechteten Menschen. Aber gerade mit der Geburt dieser Furcht leitete die Menschheit den Aufstieg der religiösen Evolution ein. Die menschliche Einbildungskraft hat die Küste des Selbst verlassen und wird nicht eher wieder einen Ankerplatz finden, als bis sie zum Konzept einer wahren Gottheit, eines wirklichen Gottes, gelangt.
1. GHOST FEAR
1. FURCHT VOR DEN PHANTOMEN
1955 87:1.1 Death was feared because death meant the liberation of another ghost from its physical body. The ancients did their best to prevent death, to avoid the trouble of having to contend with a new ghost. They were always anxious to induce the ghost to leave the scene of death, to embark on the journey to deadland. The ghost was feared most of all during the supposed transition period between its emergence at the time of death and its later departure for the ghost homeland, a vague and primitive concept of pseudo heaven.
2015 87:1.1 Man fürchtete den Tod, weil er bedeutete, dass sich wieder ein Phantom aus seinem physischen Körper befreit hatte. Die Alten taten, was sie nur konnten, um dem Tod vorzubeugen, um der Schwierigkeit, mit einem neuen Phantom ringen zu müssen, aus dem Wege zu gehen. Sie waren immer ängstlich bemüht, das Phantom dazu zu bewegen, die Sterbeszene zu verlassen und sich auf die Reise ins Totenland zu begeben. Am meisten fürchtete man sich vor dem Phantom während der vermuteten Übergangsphase zwischen seiner Befreiung zum Zeitpunkt des Todes und seiner späteren Abreise in die Heimat der Phantome, dem einer verschwommenen und primitiven Vorstellung entsprungenen Pseudohimmel.
1955 87:1.2 Though the savage credited ghosts with supernatural powers, he hardly conceived of them as having supernatural intelligence. Many tricks and stratagems were practiced in an effort to hoodwink and deceive the ghosts; civilized man still pins much faith on the hope that an outward manifestation of piety will in some manner deceive even an omniscient Deity.
2015 87:1.2 Obwohl der Wilde die Phantome mit übernatürlichen Kräften ausstattete, billigte er ihnen kaum übernatürliche Intelligenz zu. Viele Tricks und Listen wurden angewandt, um die Phantome hereinzulegen und zu täuschen; der zivilisierte Mensch setzt immer noch großes Vertrauen in die Hoffnung, dass eine Zurschaustellung von Frömmigkeit irgendwie selbst eine allwissende Gottheit täuschen werde.
1955 87:1.3 The primitives feared sickness because they observed it was often a harbinger of death. If the tribal medicine man failed to cure an afflicted individual, the sick man was usually removed from the family hut, being taken to a smaller one or left in the open air to die alone. A house in which death had occurred was usually destroyed; if not, it was always avoided, and this fear prevented early man from building substantial dwellings. It also militated against the establishment of permanent villages and cities.
2015 87:1.3 Die Primitiven fürchteten die Krankheit, weil sie beobachteten, dass sie oft ein Vorbote des Todes war. Wenn der Medizinmann des Stammes einen Leidenden nicht zu heilen vermochte, wurde der Kranke gewöhnlich aus der Familienhütte entfernt und in eine kleinere gebracht oder im Freien gelassen, um allein sterben zu können. Ein Haus, in dem der Tod eingekehrt war, wurde gewöhnlich zerstört; wenn nicht, wurde es immer gemieden, und diese Furcht hinderte den frühen Menschen daran, feste Behausungen zu errichten. Sie wirkte auch der Gründung von bleibenden Dörfern und Städten entgegen.
1955 87:1.4 The savages sat up all night and talked when a member of the clan died; they feared they too would die if they fell asleep in the vicinity of a corpse. Contagion from the corpse substantiated the fear of the dead, and all peoples, at one time or another, have employed elaborate purification ceremonies designed to cleanse an individual after contact with the dead. The ancients believed that light must be provided for a corpse; a dead body was never permitted to remain in the dark. In the twentieth century, candles are still burned in death chambers, and men still sit up with the dead. So-called civilized man has hardly yet completely eliminated the fear of dead bodies from his philosophy of life.
2015 87:1.4 Die Wilden blieben die ganze Nacht auf und redeten miteinander, wenn ein Mitglied des Klans starb; sie befürchteten, selber zu sterben, wenn sie in der Nähe eines Leichnams einschliefen. Von einem Leichnam angesteckt zu werden, verlieh der Furcht vor den Toten Wirklichkeit, und alle Völker haben zu irgendeinem Zeitpunkt komplizierte Reinigungszeremonien angewandt, um jemanden nach dem Kontakt mit einem Toten zu reinigen. Die Alten glaubten, dass für einen Leichnam Licht beschafft werden müsse; ein toter Körper durfte nie im Dunkeln liegen bleiben. Im zwanzigsten Jahrhundert lässt man in den Totenzimmern immer noch Kerzen brennen, und die Menschen halten immer noch Totenwache. Der so genannte zivilisierte Mensch hat die Furcht vor Leichen kaum vollständig aus seiner Lebensphilosophie verbannt.
1955 87:1.5 But despite all this fear, men still sought to trick the ghost. If the death hut was not destroyed, the corpse was removed through a hole in the wall, never by way of the door. These measures were taken to confuse the ghost, to prevent its tarrying, and to insure against its return. Mourners also returned from a funeral by a different road, lest the ghost follow. Backtracking and scores of other tactics were practiced to insure that the ghost would not return from the grave. The sexes often exchanged clothes in order to deceive the ghost. Mourning costumes were designed to disguise survivors; later on, to show respect for the dead and thus appease the ghosts.
2015 87:1.5 Aber bei all ihrer Furcht versuchten die Menschen dennoch, die Phantome in die Irre zu führen. Sofern die Hütte des Toten nicht zerstört wurde, schaffte man den Leichnam durch ein Loch in der Wand weg, nie durch den Eingang. Diese Maßnahme sollte das Phantom verwirren, sein Verweilen verhindern und eine Sicherung gegen seine Rückkehr sein. Auch kehrten die Trauernden aus Angst, das Phantom folge ihnen nach, auf einem anderen Weg vom Begräbnis zurück. Rückzieher und Dutzende anderer Taktiken wurden angewendet, um sicherzustellen, dass das Phantom nicht aus dem Grab zurückkehrte. Die Geschlechter tauschten oft die Kleider aus, um das Phantom zu täuschen. Der Sinn von Trauergewändern war es, die Lebenden zu verkleiden, und später, die Toten zu ehren und damit ihre Phantome zu besänftigen.
2. GHOST PLACATION
2. BESÄNFTIGUNG DER PHANTOME
1955 87:2.1 In religion the negative program of ghost placation long preceded the positive program of spirit coercion and supplication. The first acts of human worship were phenomena of defense, not reverence. Modern man deems it wise to insure against fire; so the savage thought it the better part of wisdom to provide insurance against ghost bad luck. The effort to secure this protection constituted the techniques and rituals of the ghost cult.
2015 87:2.1 In der Religion ist das negative Programm der Phantombesänftigung dem positiven Programm der Geisterbezwingung und -anflehung lange vorausgegangen. Die ersten Regungen einer menschlichen religiösen Haltung waren Äußerungen der Verteidigung und nicht der Verehrung. Der moderne Mensch hält es für weise, sich gegen Feuer zu versichern, der Wilde hielt es für weiser, sich gegen von Phantomen verursachtes Unglück vorzusehen. Die Anstrengungen zur Erlangung dieses Schutzes ließen die Techniken und Rituale des Phantomkultes entstehen.
1955 87:2.2 It was once thought that the great desire of a ghost was to be quickly “laid” so that it might proceed undisturbed to deadland. Any error of commission or omission in the acts of the living in the ritual of laying the ghost was sure to delay its progress to ghostland. This was believed to be displeasing to the ghost, and an angered ghost was supposed to be a source of calamity, misfortune, and unhappiness.
2015 87:2.2 Man dachte einst, dass es der größte Wunsch eines Phantoms sei, rasch „beruhigt“ zu werden, damit es sich unbehelligt ins Totenland aufmachen konnte. Jeder Ausführungsfehler, der von den Lebenden während des Rituals zu einer solchen Besänftigung des Phantoms begangen wurde, jede Auslassung verzögerte mit Sicherheit seine Reise ins Land der Phantome. Man glaubte, dies missfalle ihm, und ein erzürntes Phantom galt als Quelle von Unheil, Missgeschick und Freudlosigkeit.
1955 87:2.3 The funeral service originated in man’s effort to induce the ghost soul to depart for its future home, and the funeral sermon was originally designed to instruct the new ghost how to get there. It was the custom to provide food and clothes for the ghost’s journey, these articles being placed in or near the grave. The savage believed that it required from three days to a year to “lay the ghost”—to get it away from the vicinity of the grave. The Eskimos still believe that the soul stays with the body three days.
2015 87:2.3 Die Totenfeier entsprang dem menschlichen Bemühen, die Phantomseele zur Abreise in ihre künftige Heimat zu bewegen, und die Trauerrede hatte ursprünglich die Aufgabe, dem neuen Phantom Anweisungen zu geben, wie es dorthin gelangen konnte. Man pflegte dem Phantom auf seine Reise Nahrung und Kleidung mitzugeben, und man legte diese Dinge in oder neben das Grab. Der Wilde glaubte, drei Tage bis ein Jahr seien vonnöten, um „das Phantom zu beruhigen“ — um es aus der Nachbarschaft des Grabes wegzukriegen. Die Eskimos glauben noch immer, dass die Seele drei Tage lang beim Körper verweilt.
1955 87:2.4 Silence or mourning was observed after a death so that the ghost would not be attracted back home. Self-torture—wounds—was a common form of mourning. Many advanced teachers tried to stop this, but they failed. Fasting and other forms of self-denial were thought to be pleasing to the ghosts, who took pleasure in the discomfort of the living during the transition period of lurking about before their actual departure for deadland.
2015 87:2.4 Nach einem Todesfall beobachtete man Schweigen oder Trauer, damit das Phantom nicht wieder nach Hause zurückkehre. Selbstpeinigung — Verwundung — war eine gängige Form des Trauerns. Viele fortschrittliche Lehrer versuchten, dem Einhalt zu gebieten, aber es war umsonst. Man dachte, Fasten und andere Arten der Selbstverleugnung gefielen den Phantomen, die sich am Ungemach der Lebenden weideten, während sie in der Übergangsphase vor ihrer endgültigen Abreise ins Totenland herumschlichen.
1955 87:2.5 Long and frequent periods of mourning inactivity were one of the great obstacles to civilization’s advancement. Weeks and even months of each year were literally wasted in this nonproductive and useless mourning. The fact that professional mourners were hired for funeral occasions indicates that mourning was a ritual, not an evidence of sorrow. Moderns may mourn the dead out of respect and because of bereavement, but the ancients did this because of fear.
2015 87:2.5 Lange und häufige Perioden trauernden Nichtstuns waren eines der größten Hindernisse auf dem Wege der Zivilisation. Jedes Jahr wurden Wochen, ja sogar Monate mit diesem unproduktiven und nutzlosen Trauern buchstäblich verschwendet. Die Tatsache, dass berufsmäßige Trauernde für Begräbnisse angeworben wurden, macht deutlich, dass Trauern ein Ritual und nicht eine Kundgebung von Schmerz war. Heutige Menschen mögen um ihre Toten aus Hochachtung oder aus Schmerz über den Verlust klagen, aber die Alten taten es aus Furcht.
1955 87:2.6 The names of the dead were never spoken. In fact, they were often banished from the language. These names became taboo, and in this way the languages were constantly impoverished. This eventually produced a multiplication of symbolic speech and figurative expression, such as “the name or day one never mentions.”
2015 87:2.6 Die Namen der Toten wurden nie ausgesprochen. Tatsächlich wurden sie oft aus der Sprache verbannt. Diese Namen wurden tabu, und auf diese Weise verarmten die Sprachen ständig. Das bewirkte schließlich ein Überhandnehmen symbolischer Sprechweise und bildlicher Ausdrücke wie „der Name oder der Tag, den man nie erwähnt“.
1955 87:2.7 The ancients were so anxious to get rid of a ghost that they offered it everything which might have been desired during life. Ghosts wanted wives and servants; a well-to-do savage expected that at least one slave wife would be buried alive at his death. It later became the custom for a widow to commit suicide on her husband’s grave. When a child died, the mother, aunt, or grandmother was often strangled in order that an adult ghost might accompany and care for the child ghost. And those who thus gave up their lives usually did so willingly; indeed, had they lived in violation of custom, their fear of ghost wrath would have denuded life of such few pleasures as the primitives enjoyed.
2015 87:2.7 Den Alten war so sehr daran gelegen, ein Phantom loszuwerden, dass sie ihm alles darbrachten, was es sich im Leben gewünscht haben mochte. Die Phantome begehrten Gattinnen und Diener; ein begüterter Wilder erwartete, dass bei seinem Ableben wenigstens eine Sklavengattin lebendig mit ihm begraben wurde. Später wurde es Brauch, dass eine Witwe auf dem Grab ihres Gatten Selbstmord beging. Wenn ein Kind starb, erwürgte man oft seine Mutter, Tante oder Großmutter, damit ein erwachsenes Phantom das kindliche Phantom begleiten und für es sorgen konnte. Und wer so sein Leben gab, tat es meist freiwillig; denn in der Tat, hätten diese Menschen in Verletzung des Brauchs weitergelebt, dann hätte ihre Angst vor dem Zorn des Phantoms ihr Leben auch noch der wenigen Freuden beraubt, die den Primitiven vergönnt waren.
1955 87:2.8 It was customary to dispatch a large number of subjects to accompany a dead chief; slaves were killed when their master died that they might serve him in ghostland. The Borneans still provide a courier companion; a slave is speared to death to make the ghost journey with his deceased master. Ghosts of murdered persons were believed to be delighted to have the ghosts of their murderers as slaves; this notion motivated men to head hunting.
2015 87:2.8 Es war Sitte, eine große Zahl von Untertanen ins Jenseits zu befördern, um einen toten Häuptling zu begleiten; Sklaven wurden beim Tod ihres Herrn getötet, um ihn im Land der Phantome bedienen zu können. Die Ureinwohner Borneos sorgen immer noch für einen Reisebegleiter und Gefährten; sie durchbohren einen Sklaven mit einem Speer, damit er sich mit seinem verstorbenen Meister auf die Phantomreise begeben kann. Man glaubte, dass die Phantome ermordeter Personen sich daran ergötzten, die Phantome ihrer Mörder zu Sklaven zu haben; diese Idee motivierte die Menschen zur Kopfjägerei.
1955 87:2.9 Ghosts supposedly enjoyed the smell of food; food offerings at funeral feasts were once universal. The primitive method of saying grace was, before eating, to throw a bit of food into the fire for the purpose of appeasing the spirits, while mumbling a magic formula.
2015 87:2.9 Man sagte den Phantomen nach, dass sie sich am Duft von Nahrung erfreuten; Nahrungsopfer bei Begräbnisfeierlichkeiten waren einst allgemein verbreitet. Die primitive Art, das Tischgebet zu sagen, bestand darin, vor dem Essen ein Stück Fleisch ins Feuer zu werfen, um die Phantome zu besänftigen, und dabei eine magische Formel zu murmeln.
1955 87:2.10 The dead were supposed to use the ghosts of the tools and weapons that were theirs in life. To break an article was to “kill it,” thus releasing its ghost to pass on for service in ghostland. Property sacrifices were also made by burning or burying. Ancient funeral wastes were enormous. Later races made paper models and substituted drawings for real objects and persons in these death sacrifices. It was a great advance in civilization when the inheritance of kin replaced the burning and burying of property. The Iroquois Indians made many reforms in funeral waste. And this conservation of property enabled them to become the most powerful of the northern red men. Modern man is not supposed to fear ghosts, but custom is strong, and much terrestrial wealth is still consumed on funeral rituals and death ceremonies.
2015 87:2.10 Man glaubte, die Toten benutzten die Phantome von Werkzeugen und Waffen, die ihnen zu Lebzeiten gehört hatten. Einen Gegenstand zerbrechen, hieß „ihn töten“ und damit sein Phantom befreien, damit es ins Phantomland hinübergehen und dort weiterdienen könne. Eigentumsopfer wurden auch durch Verbrennen oder Vergraben dargebracht. Die Verschwendung bei alten Begräbnissen war gewaltig. Spätere Rassen fertigten für diese Totenopfer Papiermodelle an und ersetzten wirkliche Objekte und Personen durch Zeichnungen. Die Zivilisation tat einen großen Schritt vorwärts, als Verbrennen und Vergraben von Eigentum durch die Vererbung an die Angehörigen ersetzt wurde. Die Indianer vom Stamm der Irokesen führten viele Reformen durch, die die Verschwendung bei Totenfeiern betrafen. Und diese Besitzeswahrung ließ sie zu den mächtigsten der nördlichen roten Menschen werden. Vom modernen Menschen wird angenommen, dass er sich nicht vor Phantomen fürchtet, aber die Bräuche sind zäh, und immer noch wird viel irdischer Reichtum für Begräbnisrituale und Totenfeierlichkeiten verschwendet.
3. ANCESTOR WORSHIP
3. AHNENVEREHRUNG
1955 87:3.1 The advancing ghost cult made ancestor worship inevitable since it became the connecting link between common ghosts and the higher spirits, the evolving gods. The early gods were simply glorified departed humans.
2015 87:3.1 Der fortschreitende Phantomkult machte den Ahnenkult unausweichlich, da dieser zum Verbindungsglied zwischen gewöhnlichen Phantomen und höheren Geistern, den sich entwickelnden Göttern wurde. Die frühen Götter waren ganz einfach glorifizierte verstorbene Menschen.
1955 87:3.2 Ancestor worship was originally more of a fear than a worship, but such beliefs did definitely contribute to the further spread of ghost fear and worship. Devotees of the early ancestor-ghost cults even feared to yawn lest a malignant ghost enter their bodies at such a time.
2015 87:3.2 Der Ahnenkult war ursprünglich mehr von Furcht geprägt als von Verehrung, aber solche Glaubensinhalte trugen entscheidend zur weiteren Verbreitung von Phantomfurcht und -verehrung bei. Die Anhänger der frühen Ahnen-Phantomkulte wagten nicht einmal zu gähnen aus Furcht, ein böses Phantom dringe bei dieser Gelegenheit in ihren Körper ein.
1955 87:3.3 The custom of adopting children was to make sure that someone would provide offerings after death for the peace and progress of the soul. The savage lived in fear of the ghosts of his fellows and spent his spare time planning for the safe conduct of his own ghost after death.
2015 87:3.3 Die Sitte, Kinder zu adoptieren, sollte sicherstellen, dass jemand nach dem Tod für den Frieden und Fortschritt der Seele Opfer darbrachte. Der Wilde lebte in der Angst vor den Phantomen seiner Gefährten und verbrachte seine Mußestunden damit, Pläne für das sichere Geleit seines eigenen Phantoms nach dem Tode zu schmieden.
1955 87:3.4 Most tribes instituted an all-souls’ feast at least once a year. The Romans had twelve ghost feasts and accompanying ceremonies each year. Half the days of the year were dedicated to some sort of ceremony associated with these ancient cults. One Roman emperor tried to reform these practices by reducing the number of feast days to 135 a year.
2015 87:3.4 Die meisten Stämme führten ein Allerseelenfest ein, das wenigstens einmal pro Jahr stattfand. Die Römer hatten jedes Jahr zwölf Geister-Feste mit begleitenden Zeremonien. Die Hälfte der Tage des Jahres waren irgendeiner mit diesen alten Kulten zusammenhängenden Zeremonie gewidmet. Einer der römischen Kaiser versuchte, eine Reform dieser Sitten durch Herabsetzen der Anzahl jährlicher Feiertage auf 135 vorzunehmen.
1955 87:3.5 The ghost cult was in continuous evolution. As ghosts were envisioned as passing from the incomplete to the higher phase of existence, so did the cult eventually progress to the worship of spirits, and even gods. But regardless of varying beliefs in more advanced spirits, all tribes and races once believed in ghosts.
2015 87:3.5 Der Phantomkult war in ständiger Entwicklung. So wie von den Phantomen angenommen wurde, sie schritten von einer unvollkommenen zu einer höheren Existenzphase weiter, so entwickelte sich der Kult schließlich zur Verehrung von Geistern und sogar von Göttern. Aber ungeachtet des verschieden gearteten Glaubens an weiter fortgeschrittene Geister glaubten sämtliche Stämme und Rassen einmal an Phantome.
4. GOOD AND BAD SPIRIT GHOSTS
4. GUTE UND BÖSE HÖHERE PHANTOMGEISTER
1955 87:4.1 Ghost fear was the fountainhead of all world religion; and for ages many tribes clung to the old belief in one class of ghosts. They taught that man had good luck when the ghost was pleased, bad luck when he was angered.
2015 87:4.1 Die Furcht vor den Phantomen war der Urgrund aller Religion auf der Welt; und ganze Zeitalter lang hielten viele Stämme am alten Glauben an eine einzige Klasse von Phantomen fest. Sie lehrten, dass der Mensch Glück hatte, wenn das Phantom zufrieden war, und Pech, wenn es erzürnt war.
1955 87:4.2 As the cult of ghost fear expanded, there came about the recognition of higher types of spirits, spirits not definitely identifiable with any individual human. They were graduate or glorified ghosts who had progressed beyond the domain of ghostland to the higher realms of spiritland.
2015 87:4.2 Als der Kult der Phantomfurcht immer mehr um sich griff, geschah es, dass nun auch Geister einer höheren Art angenommen wurden, Geister, die sich nicht mit einem bestimmten sterblichen Einzelwesen identifizieren ließen. Es waren geprüfte oder glorifizierte Phantome, die aus den Gegenden des Phantomlandes in die höheren Reiche des Geisterlandes hinüber geschritten waren.
1955 87:4.3 The notion of two kinds of spirit ghosts made slow but sure progress throughout the world. This new dual spiritism did not have to spread from tribe to tribe; it sprang up independently all over the world. In influencing the expanding evolutionary mind, the power of an idea lies not in its reality or reasonableness but rather in its vividness and the universality of its ready and simple application.
2015 87:4.3 Die Vorstellung von zwei Arten von Geisterphantomen machte auf der ganzen Welt langsame, aber sichere Fortschritte. Es war nicht nötig, dass dieser neue doppelte Geisterkult von einem Stamm auf den anderen übergriff; er erblühte überall auf der Welt ganz von selber und unabhängig. Wenn eine Idee die Macht hat, den sich entwickelnden evolutionären Verstand zu beeinflussen, so liegt das nicht an ihrer Wirklichkeit oder Vernünftigkeit, sondern vielmehr an ihrer Lebendigkeit und an ihrer allgemeinen raschen und einfachen Anwendbarkeit.
1955 87:4.4 Still later the imagination of man envisioned the concept of both good and bad supernatural agencies; some ghosts never evolved to the level of good spirits. The early monospiritism of ghost fear was gradually evolving into a dual spiritism, a new concept of the invisible control of earthly affairs. At last good luck and bad luck were pictured as having their respective controllers. And of the two classes, the group that brought bad luck were believed to be the more active and numerous.
2015 87:4.4 Noch später schuf die menschliche Vorstellungskraft das Konzept guter und böser übernatürlicher Wirkkräfte; einige Phantome entwickelten sich nie bis zu der Stufe guter Geister. Die frühe Furcht vor einer einheitlichen Phantomart ging allmählich in einen doppelten Geisterkult über, in eine neue Vorstellung von der unsichtbaren Lenkung der irdischen Angelegenheiten. Die Vorstellung, dass Glück und Unglück jedes seine eigenen Gebieter besäßen, setzte sich durch. Und von den beiden Klassen galt die Gruppe, die Unglück brachte, als die aktivere und zahlreichere.
1955 87:4.5 When the doctrine of good and bad spirits finally matured, it became the most widespread and persistent of all religious beliefs. This dualism represented a great religio-philosophic advance because it enabled man to account for both good luck and bad luck while at the same time believing in supermortal beings who were to some extent consistent in their behavior. The spirits could be counted on to be either good or bad; they were not thought of as being completely temperamental as the early ghosts of the monospiritism of most primitive religions had been conceived to be. Man was at last able to conceive of supermortal forces that were consistent in behavior, and this was one of the most momentous discoveries of truth in the entire history of the evolution of religion and in the expansion of human philosophy.
2015 87:4.5 Als die Lehre von den guten und bösen Geistern schließlich ausreifte, wurde sie zu dem am weitesten verbreiteten und dauerhaftesten religiösen Glauben überhaupt. Dieser Dualismus stellte einen großen religiös-philosophischen Fortschritt dar, weil er den Menschen in die Lage versetzte, sich sowohl Glück als auch Unglück zu erklären und zugleich an überirdische Wesen zu glauben, die in ihrem Verhalten einigermaßen folgerichtig waren. Man konnte sich auf die Güte oder auf die Bösartigkeit der Geister verlassen; man hielt sie nicht mehr für so völlig mutwillig, wie sich die meisten primitiven Religionen die frühen Phantome einer einzigen Art vorgestellt hatten. Der Mensch war endlich imstande, sich überirdische Kräfte vorzustellen, die in ihrem Verhalten konsequent waren, und das war eine der denkwürdigsten Wahrheitsentdeckungen in der ganzen Geschichte der Religionsentwicklung und im Wachstum der menschlichen Philosophie.
1955 87:4.6 Evolutionary religion has, however, paid a terrible price for the concept of dual spiritism. Man’s early philosophy was able to reconcile spirit constancy with the vicissitudes of temporal fortune only by postulating two kinds of spirits, one good and the other bad. And while this belief did enable man to reconcile the variables of chance with a concept of unchanging supermortal forces, this doctrine has ever since made it difficult for religionists to conceive of cosmic unity. The gods of evolutionary religion have generally been opposed by the forces of darkness.
2015 87:4.6 Die evolutionäre Religion hat indessen für diese Vorstellung von einer doppelten Geisterrealität einen schrecklichen Preis bezahlt. Die frühe Philosophie des Menschen vermochte die Beständigkeit der Geisterwelt nur dann mit den Launen des zeitlichen Glücks in Einklang zu bringen, wenn sie zweierlei Geister voraussetzte, gute und böse. Aber wenn dieser Glaube den Menschen auch befähigte, das stets veränderliche Glück mit der Idee von unveränderlichen überirdischen Kräften zu versöhnen, so hat diese Lehre es doch seit damals religiösen Menschen schwer gemacht, sich eine kosmische Einheit vorzustellen. Die Götter der evolutionären Religion sind im Allgemeinen von den Kräften der Dunkelheit bekämpft worden.
1955 87:4.7 The tragedy of all this lies in the fact that, when these ideas were taking root in the primitive mind of man, there really were no bad or disharmonious spirits in all the world. Such an unfortunate situation did not develop until after the Caligastic rebellion and only persisted until Pentecost. The concept of good and evil as cosmic co-ordinates is, even in the twentieth century, very much alive in human philosophy; most of the world’s religions still carry this cultural birthmark of the long-gone days of the emerging ghost cults.
2015 87:4.7 Die Tragik von alledem liegt in der Tatsache, dass es zu der Zeit, als diese Ideen in den primitiven menschlichen Gemütern Wurzeln schlugen, auf der ganzen Welt in Wahrheit keine bösen oder unharmonischen Geister gab. Eine so verhängnisvolle Situation entwickelte sich erst nach der Rebellion Caligastias und dauerte nur bis Pfingsten. Das Konzept von Gut und Böse als gleichwertigen kosmischen Gegenspielern ist in der menschlichen Philosophie auch im zwanzigsten Jahrhundert noch sehr lebendig; die meisten Religionen der Welt tragen noch immer dieses kulturelle Muttermal aus den längst entschwundenen Tagen des aufblühenden Phantomkults.
5. THE ADVANCING GHOST CULT
5. DER FORTSCHREITENDE PHANTOMKULT
1955 87:5.1 Primitive man viewed the spirits and ghosts as having almost unlimited rights but no duties; the spirits were thought to regard man as having manifold duties but no rights. The spirits were believed to look down upon man as constantly failing in the discharge of his spiritual duties. It was the general belief of mankind that ghosts levied a continuous tribute of service as the price of noninterference in human affairs, and the least mischance was laid to ghost activities. Early humans were so afraid they might overlook some honor due the gods that, after they had sacrificed to all known spirits, they did another turn to the “unknown gods,” just to be thoroughly safe.
2015 87:5.1 Die primitiven Menschen stellten sich vor, dass die Geister und Phantome nahezu unbeschränkte Rechte, aber keine Pflichten besäßen, hingegen die Menschen als mancherlei Pflichten unterworfen, aber rechtlos betrachteten. Die Menschen glaubten, die Geister sähen auf sie herab als auf solche, die bei der Erfüllung ihrer geistigen Pflichten dauernd versagten. Die Menschheit glaubte ganz allgemein, dass die Phantome einen ständigen Tribut von Diensten als Preis dafür erhöben, dass sie nicht in die menschlichen Angelegenheiten eingriffen, und jedes, auch das geringste Ungemach wurde dem Wirken von Phantomen zugeschrieben. Die frühen Menschen hatten eine derartige Angst, irgendeine den Göttern zustehende Ehre zu übersehen, dass sie, nachdem sie allen bekannten Geistern geopfert hatten, um ganz sicher zu gehen, auch noch eine weitere Opferung für die „unbekannten Götter“ vornahmen[1].
1955 87:5.2 And now the simple ghost cult is followed by the practices of the more advanced and relatively complex spirit-ghost cult, the service and worship of the higher spirits as they evolved in man’s primitive imagination. Religious ceremonial must keep pace with spirit evolution and progress. The expanded cult was but the art of self-maintenance practiced in relation to belief in supernatural beings, self-adjustment to spirit environment. Industrial and military organizations were adjustments to natural and social environments. And as marriage arose to meet the demands of bisexuality, so did religious organization evolve in response to the belief in higher spirit forces and spiritual beings. Religion represents man’s adjustment to his illusions of the mystery of chance. Spirit fear and subsequent worship were adopted as insurance against misfortune, as prosperity policies.
2015 87:5.2 Und nun folgen auf den einfachen Phantomkult die Praktiken des fortgeschritteneren und vergleichsweise komplexeren Geister-Phantomkults, der Dienst an den höheren Geistern, die sich in der primitiven menschlichen Fantasie entwickelt haben, und ihre Verehrung. Das religiöse Zeremoniell muss mit geistigem Fortschritt und geistiger Entwicklung Schritt halten. Der erweiterte Kult war bloß die in Verbindung mit dem Glauben an übernatürliche Wesen geübte Kunst der Selbst-Erhaltung, der Selbst-Anpassung an die Geisterumwelt. Industrielle und militärische Organisationen waren Anpassungen an natürliche und gesellschaftliche Umfelder. Und so wie die Ehe langsam eine Wirklichkeit wurde, um den Forderungen der Zweigeschlechtlichkeit zu genügen, entwickelte sich die religiöse Organisation als Antwort auf den Glauben an höhere Geisterkräfte und geistige Wesen. Religion verkörpert die Anpassung des Menschen an die Illusionen, die er sich über das Mysterium des Zufalls macht. Die Furcht vor den Geistern und ihre spätere Verehrung waren Haltungen, die als Versicherung gegen Unglück, als Politik des Wohlergehens angenommen wurden.
1955 87:5.3 The savage visualizes the good spirits as going about their business, requiring little from human beings. It is the bad ghosts and spirits who must be kept in good humor. Accordingly, primitive peoples paid more attention to their malevolent ghosts than to their benign spirits.
2015 87:5.3 In den Augen des Wilden kümmern sich die guten Geister um ihre eigenen Angelegenheiten und stellen an die menschlichen Wesen keine hohen Ansprüche. Die bösen Phantome und Geister sind es, die bei guter Laune gehalten werden müssen. Deshalb schenkten die primitiven Völker ihren übel wollenden Geistern größere Aufmerksamkeit als den gutmütigen.
1955 87:5.4 Human prosperity was supposed to be especially provocative of the envy of evil spirits, and their method of retaliation was to strike back through a human agency and by the technique of the evil eye. That phase of the cult which had to do with spirit avoidance was much concerned with the machinations of the evil eye. The fear of it became almost world-wide. Pretty women were veiled to protect them from the evil eye; subsequently many women who desired to be considered beautiful adopted this practice. Because of this fear of bad spirits, children were seldom allowed out after dark, and the early prayers always included the petition, “deliver us from the evil eye.”
2015 87:5.4 Insbesondere menschliche Prosperität erweckte den Neid der bösen Geister, und ihre Methode der Heimzahlung bestand darin, durch ein menschliches Werkzeug und die Technik des bösen Blicks zurückzuschlagen[2]. Die Phase des Kults, die dem Vermeiden der Geister gewidmet war, beschäftigte sich intensiv mit den Machenschaften des bösen Blicks. Die Angst vor ihm breitete sich fast auf der ganzen Welt aus. Hübsche Frauen wurden verschleiert, um sie vor dem bösen Blick zu schützen; in der Folge wurde dieses Verfahren von vielen Frauen übernommen, die als schön gelten wollten[3]. Aus dieser Furcht vor den bösen Geistern ließ man Kinder nach Einbruch der Dunkelheit selten draußen, und die frühen Gebete schlossen immer die Bitte „Befreie uns von dem bösen Blick“ ein.
1955 87:5.5 The Koran contains a whole chapter devoted to the evil eye and magic spells, and the Jews fully believed in them. The whole phallic cult grew up as a defense against the evil eye. The organs of reproduction were thought to be the only fetish which could render it powerless. The evil eye gave origin to the first superstitions respecting prenatal marking of children, maternal impressions, and the cult was at one time well-nigh universal.
2015 87:5.5 Der Koran enthält ein vollständiges Kapitel, das dem bösen Blick und magischen Verzauberungen gewidmet ist, und die Juden glaubten fest daran. Der ganze Phalluskult entstand als Abwehr gegen den bösen Blick. Als einzige Fetische, die ihm seine Macht nehmen konnten, galten die Geschlechtsorgane. Der böse Blick gab Anlass zu den ersten abergläubischen Vorstellungen von vorgeburtlichem Gezeichnetsein von Kindern, von mütterlicher Abstempelung, und sein Kult herrschte einmal so gut wie überall.
1955 87:5.6 Envy is a deep-seated human trait; therefore did primitive man ascribe it to his early gods. And since man had once practiced deception upon the ghosts, he soon began to deceive the spirits. Said he, “If the spirits are jealous of our beauty and prosperity, we will disfigure ourselves and speak lightly of our success.” Early humility was not, therefore, debasement of ego but rather an attempt to foil and deceive the envious spirits.
2015 87:5.6 Neid ist ein tiefsitzender menschlicher Wesenszug; deshalb schrieb der primitive Mensch ihn auch seinen frühen Göttern zu. Und da der Mensch einst die Phantome getäuscht hatte, begann er bald auch die Geister zu hintergehen. Er sagte sich: „Da die Geister uns um unserer Schönheit und unseres Wohlstands willen beneiden, werden wir uns entstellen und unseren Erfolg herunterspielen.“ Die frühe Demut war deshalb nicht etwa eine Dämpfung des Ego, sondern vielmehr ein Versuch, eifersüchtige Geister in die Irre zu führen und zu betrügen.
1955 87:5.7 The method adopted to prevent the spirits from becoming jealous of human prosperity was to heap vituperation upon some lucky or much loved thing or person. The custom of depreciating complimentary remarks regarding oneself or family had its origin in this way, and it eventually evolved into civilized modesty, restraint, and courtesy. In keeping with the same motive, it became the fashion to look ugly. Beauty aroused the envy of spirits; it betokened sinful human pride. The savage sought for an ugly name. This feature of the cult was a great handicap to the advancement of art, and it long kept the world somber and ugly.
2015 87:5.7 Die Methode, die verhindern sollte, dass menschlicher Wohlstand den Neid der Geister auf sich zöge, bestand darin, dass man irgendeine glückliche oder heißgeliebte Person oder Sache mit Verwünschungen überschüttete. Die Gewohnheit, schmeichelhafte Bemerkungen über sich selber oder seine Familie herabzumindern, hat hierin ihren Ursprung, und sie verwandelte sich schließlich in zivilisierte Bescheidenheit, Zurückhaltung und Höflichkeit. Aus demselben Grund nahm man die Gewohnheit an, hässlich auszusehen. Schönheit erweckte den Neid der Geister; sie zeugte von sündigem menschlichem Hochmut. Der Wilde suchte sich einen hässlichen Namen aus. Diese Seite des Kults war für den Fortschritt der Kunst ein großes Hemmnis und dafür verantwortlich, dass die Welt lange Zeit düster und hässlich aussah.
1955 87:5.8 Under the spirit cult, life was at best a gamble, the result of spirit control. One’s future was not the result of effort, industry, or talent except as they might be utilized to influence the spirits. The ceremonies of spirit propitiation constituted a heavy burden, rendering life tedious and virtually unendurable. From age to age and from generation to generation, race after race has sought to improve this superghost doctrine, but no generation has ever yet dared to wholly reject it.
2015 87:5.8 Unter der Herrschaft des Geisterkults war das Leben bestenfalls ein Glücksspiel, ein Resultat des Geisterregiments. Die eigene Zukunft war nicht das Resultat von Anstrengung, Fleiß oder Talent, außer dass diese zur Beeinflussung der Geister eingesetzt werden konnten. Die Zeremonien zur Gnädigstimmung der Geister waren eine schwere Bürde und machten das Leben öde und ganz eigentlich unerträglich. Zeitalter auf Zeitalter und Generation auf Generation hat Rasse um Rasse versucht, diese Lehre von den Überphantomen zu verbessern, aber noch keine Generation hat es je gewagt, sie völlig zurückzuweisen.
1955 87:5.9 The intention and will of the spirits were studied by means of omens, oracles, and signs. And these spirit messages were interpreted by divination, soothsaying, magic, ordeals, and astrology. The whole cult was a scheme designed to placate, satisfy, and buy off the spirits through this disguised bribery.
2015 87:5.9 Absicht und Wille der Geister wurden mit Hilfe von Omen, Orakeln und Zeichen ergründet. Und diese Geisterbotschaften deutete man mittels Hellsehen, Wahrsagerei, Magie, Gottesurteilen und Astrologie. Der ganze Kult war darauf ausgerichtet, die Geister zu besänftigen, zufrieden zu stellen und durch diese verkappte Bestechung zu kaufen.
1955 87:5.10 And thus there grew up a new and expanded world philosophy consisting in:
2015 87:5.10 Und so entstand eine neue und erweiterte Weltphilosophie mit folgenden Wesenszügen:
1955 87:5.11 1. Duty—those things which must be done to keep the spirits favorably disposed, at least neutral.
2015 87:5.11 1. Pflicht — die Dinge, die getan werden müssen, damit die Geister einem gewogen bleiben oder sich zumindest neutral verhalten.
1955 87:5.12 2. Right—the correct conduct and ceremonies designed to win the spirits actively to one’s interests.
2015 87:5.12 2. Das Richtige tun — korrektes Benehmen und korrekte Zeremonien, um die Geister aktiv für seine Interessen zu gewinnen.
1955 87:5.13 3. Truth—the correct understanding of, and attitude toward, spirits, and hence toward life and death.
2015 87:5.13 3. Wahrheit — das richtige Verständnis der Geister und die richtige Haltung ihnen gegenüber, folglich auch gegenüber Leben und Tod.
1955 87:5.14 It was not merely out of curiosity that the ancients sought to know the future; they wanted to dodge ill luck. Divination was simply an attempt to avoid trouble. During these times, dreams were regarded as prophetic, while everything out of the ordinary was considered an omen. And even today the civilized races are cursed with the belief in signs, tokens, and other superstitious remnants of the advancing ghost cult of old. Slow, very slow, is man to abandon those methods whereby he so gradually and painfully ascended the evolutionary scale of life.
2015 87:5.14 Nicht nur aus Neugier versuchten die Alten, die Zukunft zu kennen; sie wollten dem Unglück ausweichen. Hellseherei war ganz einfach ein Versuch, Schwierigkeiten zu vermeiden. In jener Zeit hielt man die Träume für prophetisch, und alles, was aus dem gewöhnlichen Rahmen fiel, wurde als Omen betrachtet. Und noch heute sind die zivilisierten Rassen mit dem Glauben an Zeichen, Symbole und andere abergläubische Überbleibsel aus dem einstigen fortschreitenden Phantomkult gestraft. Langsam, nur sehr langsam trennen sich die Menschen von den Methoden, mit deren Hilfe sie so allmählich und unter Schmerzen die evolutionäre Lebensleiter hinaufgestiegen sind.
6. COERCION AND EXORCISM
6. NÖTIGUNG UND EXORZISMUS
1955 87:6.1 When men believed in ghosts only, religious ritual was more personal, less organized, but the recognition of higher spirits necessitated the employment of “higher spiritual methods” in dealing with them. This attempt to improve upon, and to elaborate, the technique of spirit propitiation led directly to the creation of defenses against the spirits. Man felt helpless indeed before the uncontrollable forces operating in terrestrial life, and his feeling of inferiority drove him to attempt to find some compensating adjustment, some technique for evening the odds in the one-sided struggle of man versus the cosmos.
2015 87:6.1 Als die Menschen nur an Phantome glaubten, war das religiöse Ritual persönlicher, weniger organisiert, aber die Anerkennung höherer Geister machte die Anwendung „höherer geistiger Methoden“ im Umgang mit ihnen nötig. Dieses Bemühen um Verbesserung und Verfeinerung der Technik zur Besänftigung der Geister führte direkt zur Erfindung von Verteidigungsmitteln gegen sie. Der Mensch fühlte sich tatsächlich hilflos gegenüber den unkontrollierbaren Kräften, die im irdischen Leben herrschten, und sein Gefühl der Unterlegenheit trieb ihn, nach irgendeiner kompensierenden Neuausrichtung zu suchen, nach einer Technik des Chancenausgleichs in diesem ungleichen Kampf des Menschen gegen den Kosmos.
1955 87:6.2 In the early days of the cult, man’s efforts to influence ghost action were confined to propitiation, attempts by bribery to buy off ill luck. As the evolution of the ghost cult progressed to the concept of good as well as bad spirits, these ceremonies turned toward attempts of a more positive nature, efforts to win good luck. Man’s religion no longer was completely negativistic, nor did he stop with the effort to win good luck; he shortly began to devise schemes whereby he could compel spirit co-operation. No longer does the religionist stand defenseless before the unceasing demands of the spirit phantasms of his own devising; the savage is beginning to invent weapons wherewith he may coerce spirit action and compel spirit assistance.
2015 87:6.2 In den frühen Tagen des Kults beschränkten sich die menschlichen Bemühungen um Beeinflussung der Phantomtätigkeit auf Besänftigung, auf Versuche, durch Bestechung die Abwendung von Unheil zu erkaufen. Als die Entwicklung des Phantomkults zum Konzept von guten und bösen Geistern weiterging, verwandelten sich diese Zeremonien in Bemühungen einer positiveren Art, in Anstrengungen, sich Glück zu verschaffen. Die Religion des Menschen war nun nicht mehr gänzlich negativer Art, und er hielt in seinem Bemühen, das Glück herbeizuzwingen, nicht inne; er begann bald, Pläne zu schmieden, durch die er die Geister zur Zusammenarbeit nötigen könnte. Der religiöse Mensch steht nun den unablässigen Forderungen der Geisterphantasmen eigener Erfindung nicht mehr wehrlos gegenüber; der Wilde beginnt, Waffen zu erfinden, mittels derer er auf das Wirken der Geister Druck ausüben und sie zwingen kann, ihm beizustehen.
1955 87:6.3 Man’s first efforts at defense were directed against the ghosts. As the ages passed, the living began to devise methods of resisting the dead. Many techniques were developed for frightening ghosts and driving them away, among which may be cited the following:
2015 87:6.3 Die ersten Verteidigungsanstrengungen richteten sich gegen die Phantome. Im Laufe der Zeitalter begannen die Lebenden, Methoden auszusinnen, um den Toten zu widerstehen. Viele Techniken, von denen die folgenden erwähnt werden mögen, wurden entwickelt, um die Phantome zu erschrecken und zu verscheuchen:
1955 87:6.4 1. Cutting off the head and tying up the body in the grave.
2015 87:6.4 1. Abschneiden des Kopfes und Umschnüren des Leichnams im Grab.
1955 87:6.6 3. Castration or breaking the legs of the corpse.
2015 87:6.6 3. Kastration der Leiche oder Brechen ihrer Beine.
1955 87:6.7 4. Burying under stones, one origin of the modern tombstone.
2015 87:6.7 4. Beerdigung unter Steinen, einer der Ursprünge des modernen Grabsteins.
2015 87:6.8 5. Kremation, eine spätere Erfindung, um Schwierigkeiten mit Geistern vorzubeugen.
1955 87:6.10 7. Exposure of the body to be eaten by wild animals.
2015 87:6.10 7. Aussetzen des Leichnams zum Fraß durch wilde Tiere.
1955 87:6.11 Ghosts were supposed to be disturbed and frightened by noise; shouting, bells, and drums drove them away from the living; and these ancient methods are still in vogue at “wakes” for the dead. Foul-smelling concoctions were utilized to banish unwelcome spirits. Hideous images of the spirits were constructed so that they would flee in haste when they beheld themselves. It was believed that dogs could detect the approach of ghosts, and that they gave warning by howling; that cocks would crow when they were near. The use of a cock as a weather vane is in perpetuation of this superstition.
2015 87:6.11 Man glaubte, Lärm störe und erschrecke die Phantome; mit Geschrei, Glocken und Trommeln scheuchte man sie von den Lebenden weg; und diese alten Methoden sind immer noch bei „Totenwachen“ üblich. Man benutzte übel riechendes Gebräu, um unwillkommene Geister zu vertreiben. Scheußliche Darstellungen der Geister wurden angefertigt, so dass sie schleunigst flohen, wenn sie ihrer selbst ansichtig wurden. Man glaubte, dass die Hunde das Nahen von Geistern spürten und durch Heulen vor ihnen warnten und auch, dass die Hähne schrieen, wenn sie in der Nähe waren. Dieser Aberglaube hat in der Verwendung des Hahns als Wetterfahne überdauert.
1955 87:6.12 Water was regarded as the best protection against ghosts. Holy water was superior to all other forms, water in which the priests had washed their feet. Both fire and water were believed to constitute impassable barriers to ghosts. The Romans carried water three times around the corpse; in the twentieth century the body is sprinkled with holy water, and hand washing at the cemetery is still a Jewish ritual. Baptism was a feature of the later water ritual; primitive bathing was a religious ceremony. Only in recent times has bathing become a sanitary practice.
2015 87:6.12 Wasser galt als der beste Schutz gegen Phantome. Heiliges Wasser, Wasser, in dem die Priester ihre Füße gewaschen hatten, war allen anderen Wasserarten überlegen. Sowohl Feuer als auch Wasser galten als Schranken, die von Phantomen nicht durchbrochen werden konnten. Die Römer gingen dreimal mit Wasser um einen Leichnam herum; im zwanzigsten Jahrhundert besprengt man die Toten mit heiligem Wasser, und Händewaschen auf dem Friedhof gehört immer noch zum jüdischen Ritual. Die Taufe war ein Charakteristikum des späteren Wasserrituals; primitives Baden war eine religiöse Zeremonie[4]. Erst in neuerer Zeit ist Baden zu einer hygienischen Praxis geworden.
1955 87:6.13 But man did not stop with ghost coercion; through religious ritual and other practices he was soon attempting to compel spirit action. Exorcism was the employment of one spirit to control or banish another, and these tactics were also utilized for frightening ghosts and spirits. The dual-spiritism concept of good and bad forces offered man ample opportunity to attempt to pit one agency against another, for, if a powerful man could vanquish a weaker one, then certainly a strong spirit could dominate an inferior ghost. Primitive cursing was a coercive practice designed to overawe minor spirits. Later this custom expanded into the pronouncing of curses upon enemies.
2015 87:6.13 Aber der Mensch machte nicht Halt bei der Bezwingung der Phantome; durch religiöse Rituale und andere Praktiken versuchte er bald, auch auf ihr Handeln Zwang auszuüben. Exorzismus bestand darin, einen Geist zu benutzen, um einen anderen zu lenken oder zu vertreiben, und diese Taktiken wurden auch angewandt, um Phantome und Geister zu erschrecken. Das doppelte Geisterkonzept mit guten und bösen Kräften bot den menschlichen Versuchen, eine Kraft gegen die andere auszuspielen, ein reiches Betätigungsfeld, denn wenn ein kräftiger Mann einen schwächeren besiegen konnte, dann konnte gewiss auch ein starker Geist ein niedrigeres Phantom beherrschen. Die primitive Verwünschung war das gebräuchliche Druckmittel zur Einschüchterung unbedeutender Geister. Später entwickelte sich aus diesem Brauch auch die Verfluchung von Feinden.
1955 87:6.14 It was long believed that by reverting to the usages of the more ancient mores the spirits and demigods could be forced into desirable action. Modern man is guilty of the same procedure. You address one another in common, everyday language, but when you engage in prayer, you resort to the older style of another generation, the so-called solemn style.
2015 87:6.14 Lange herrschte der Glaube, dass die Geister und Halbgötter durch eine Rückkehr zur Pflege älterer Sitten zu gewünschtem Handeln gezwungen werden könnten. Der moderne Mensch macht sich derselben Handlungsweise schuldig. Ihr sprecht miteinander in gewöhnlicher, alltäglicher Sprache, aber sobald ihr zu beten anfangt, nehmt ihr Zuflucht zum älteren Stil einer anderen Generation, zum so genannten feierlichen Stil.
1955 87:6.15 This doctrine also explains many religious-ritual reversions of a sex nature, such as temple prostitution. These reversions to primitive customs were considered sure guards against many calamities. And with these simple-minded peoples all such performances were entirely free from what modern man would term promiscuity.
2015 87:6.15 Diese Doktrin erklärt auch manche religiös-rituelle Rückfälle sexueller Natur wie die Tempelprostitution. Diese Rückgriffe auf primitive Sitten wurden als sichere Garantien gegen allerlei Unheil angesehen. Und in den einfachen Gemütern dieser Völker waren solche Vorgänge vollkommen frei von dem, was der moderne Mensch als Promiskuität bezeichnen würde.
1955 87:6.16 Next came the practice of ritual vows, soon to be followed by religious pledges and sacred oaths. Most of these oaths were accompanied by self-torture and self-mutilation; later on, by fasting and prayer. Self-denial was subsequently looked upon as being a sure coercive; this was especially true in the matter of sex suppression. And so primitive man early developed a decided austerity in his religious practices, a belief in the efficacy of self-torture and self-denial as rituals capable of coercing the unwilling spirits to react favorably toward all such suffering and deprivation.
2015 87:6.16 Als Nächstes erschien die Praxis ritueller feierlicher Versprechen, denen bald religiöse Gelübde und heilige Schwüre folgten[5]. Die meisten dieser Schwüre gingen mit Selbstpeinigung und Selbstverstümmelung und später mit Fasten und Beten einher[6]. In der Folge wurde Selbstverleugnung als sicheres Druckmittel betrachtet; das galt insbesondere für die Unterdrückung der Sexualität. Und so entwickelte der primitive Mensch in seinen religiösen Praktiken schon früh eine entschiedene Strenge, einen Glauben an die Wirksamkeit von Selbstmarterung und Selbstverleugnung, die als Rituale die Macht besäßen, die widerstrebenden Geister zu zwingen, auf all diese Leiden und Entbehrungen gnädig zu antworten.
1955 87:6.17 Modern man no longer attempts openly to coerce the spirits, though he still evinces a disposition to bargain with Deity. And he still swears, knocks on wood, crosses his fingers, and follows expectoration with some trite phrase; once it was a magical formula.
2015 87:6.17 Der moderne Mensch versucht nicht mehr offen, die Geister zu nötigen, obwohl er immer noch eine gewisse Neigung zeigt, mit der Gottheit zu feilschen. Und er schwört immer noch, klopft auf Holz, kreuzt die Finger und lässt auf das Ausspucken irgendwelche platten Worte folgen; einst war es eine magische Formel.
7. NATURE OF CULTISM
7. WESEN DER KULTPRAXIS
1955 87:7.1 The cult type of social organization persisted because it provided a symbolism for the preservation and stimulation of moral sentiments and religious loyalties. The cult grew out of the traditions of “old families” and was perpetuated as an established institution; all families have a cult of some sort. Every inspiring ideal grasps for some perpetuating symbolism—seeks some technique for cultural manifestation which will insure survival and augment realization—and the cult achieves this end by fostering and gratifying emotion.
2015 87:7.1 Der vom Kult beherrschte Typus gesellschaftlicher Organisation hatte Bestand, weil er einen Symbolismus für die Erhaltung und Stimulierung sittlicher Gefühle und religiöser Treueverhältnisse lieferte. Der Kult wuchs aus den Überlieferungen „alter Familien“ und wurde als feste Einrichtung weitergegeben; alle Familien besitzen einen irgendwie gearteten Kult. Jedes inspirierende Ideal verlangt nach einem es weitertragenden Symbolismus — sucht für seinen kulturellen Ausdruck eine Technik, die sein Fortleben garantiert und seine Verwirklichung steigert — und der Kult erreicht dieses Ziel, indem er die Empfindungen nährt und zufrieden stellt.
1955 87:7.2 From the dawn of civilization every appealing movement in social culture or religious advancement has developed a ritual, a symbolic ceremonial. The more this ritual has been an unconscious growth, the stronger it has gripped its devotees. The cult preserved sentiment and satisfied emotion, but it has always been the greatest obstacle to social reconstruction and spiritual progress.
2015 87:7.2 Seit der Morgendämmerung der Zivilisation hat jede ansprechende Bewegung gesellschaftlicher Kultur oder religiösen Fortschritts ein Ritual, ein symbolisches Zeremoniell, hervorgebracht. Je unbewusster das Wachstum dieses Rituals vor sich gegangen ist, umso stärker hat es seine Gläubigen gepackt. Der Kult hat die Gefühle geschützt und die Empfindungen befriedigt, aber er ist immer das größte Hindernis gesellschaftlichen Umbaus und geistigen Fortschritts gewesen.
1955 87:7.3 Notwithstanding that the cult has always retarded social progress, it is regrettable that so many modern believers in moral standards and spiritual ideals have no adequate symbolism—no cult of mutual support—nothing to belong to. But a religious cult cannot be manufactured; it must grow. And those of no two groups will be identical unless their rituals are arbitrarily standardized by authority.
2015 87:7.3 Obwohl der Kult immer den gesellschaftlichen Fortschritt gebremst hat, ist es bedauerlich, dass so viele moderne Menschen, die an sittliche Normen und geistige Ideale glauben, keinen angemessenen Symbolismus — keinen Kult zu gegenseitiger Unterstützung — besitzen, nichts, dem sie angehören könnten. Aber einen religiösen Kult kann man nicht fabrizieren; er muss wachsen. Und keine zwei Gruppen werden einen identischen Kult besitzen, sofern ihre Rituale nicht willkürlich durch Autorität gleichgeschaltet werden.
1955 87:7.4 The early Christian cult was the most effective, appealing, and enduring of any ritual ever conceived or devised, but much of its value has been destroyed in a scientific age by the destruction of so many of its original underlying tenets. The Christian cult has been devitalized by the loss of many fundamental ideas.
2015 87:7.4 Der frühe christliche Kult war das wirksamste, ansprechendste und dauerhafteste aller je ersonnenen oder erfundenen Rituale, aber ein wissenschaftliches Zeitalter hat ihm viel von seinem Wert genommen durch die Zerstörung so vieler seiner ursprünglichen Grundsätze. Der christliche Kult ist durch den Verlust vieler fundamentaler Ideen devitalisiert worden.
1955 87:7.5 In the past, truth has grown rapidly and expanded freely when the cult has been elastic, the symbolism expansile. Abundant truth and an adjustable cult have favored rapidity of social progression. A meaningless cult vitiates religion when it attempts to supplant philosophy and to enslave reason; a genuine cult grows.
2015 87:7.5 In der Vergangenheit ist Wahrheit immer dann schnell gewachsen und hat sich frei entfaltet, wenn der Kult elastisch und der Symbolismus dehnbar war. Reichlich vorhandene Wahrheit und ein anpassungsfähiger Kult haben die Schnelligkeit gesellschaftlicher Weiterentwicklung begünstigt. Ein bedeutungsloser Kult verdirbt die Religion, wenn er versucht, sich an die Stelle der Philosophie zu setzen und die Vernunft zu versklaven; ein echter Kult wächst.
1955 87:7.6 Regardless of the drawbacks and handicaps, every new revelation of truth has given rise to a new cult, and even the restatement of the religion of Jesus must develop a new and appropriate symbolism. Modern man must find some adequate symbolism for his new and expanding ideas, ideals, and loyalties. This enhanced symbol must arise out of religious living, spiritual experience. And this higher symbolism of a higher civilization must be predicated on the concept of the Fatherhood of God and be pregnant with the mighty ideal of the brotherhood of man.
2015 87:7.6 Ungeachtet aller Widerstände und Hindernisse hat jede neue Wahrheitsoffenbarung einen neuen Kult hervorgerufen, und sogar die neue Darstellung der Religion Jesu muss einen neuen und passenden Symbolismus entwickeln. Der moderne Mensch muss einen angemessenen Symbolismus für seine neuen und sich erweiternden Ideen, Ideale und Treueverhältnisse finden. Dieses höhere Symbol muss religiösem Leben, geistiger Erfahrung entsprießen. Und dieser höhere Symbolismus einer höheren Zivilisation muss auf der Vorstellung von der Vaterschaft Gottes gründen und vom mächtigen Ideal der Brüderlichkeit unter den Menschen erfüllt sein.
1955 87:7.7 The old cults were too egocentric; the new must be the outgrowth of applied love. The new cult must, like the old, foster sentiment, satisfy emotion, and promote loyalty; but it must do more: It must facilitate spiritual progress, enhance cosmic meanings, augment moral values, encourage social development, and stimulate a high type of personal religious living. The new cult must provide supreme goals of living which are both temporal and eternal—social and spiritual.
2015 87:7.7 Die alten Kulte waren zu egozentrisch; der neue muss Ausdruck angewandter Liebe sein. Der neue Kult muss, wie der alte, das Gefühl gedeihen lassen, die Empfindungen befriedigen und die Treue fördern, aber er muss noch mehr tun: Er muss den geistigen Fortschritt erleichtern, die kosmischen Bedeutungen erhöhen, die sittlichen Werte steigern, die gesellschaftliche Entwicklung ermutigen und eine hohe Art persönlichen religiösen Lebens stimulieren. Der neue Kult muss allerhöchste Lebensziele anbieten, die sowohl zeitlich als auch ewig — sowohl gesellschaftlich als auch geistig — sind.
1955 87:7.8 No cult can endure and contribute to the progress of social civilization and individual spiritual attainment unless it is based on the biologic, sociologic, and religious significance of the home. A surviving cult must symbolize that which is permanent in the presence of unceasing change; it must glorify that which unifies the stream of ever-changing social metamorphosis. It must recognize true meanings, exalt beautiful relations, and glorify the good values of real nobility.
2015 87:7.8 Kein Kult kann Dauer haben und zum Fortschritt der gesellschaftlichen Zivilisation und der individuellen geistigen Leistung beitragen, wenn er nicht auf der biologischen, soziologischen und religiösen Bedeutung des Heims beruht. Wenn ein Kult überleben will, muss er das symbolisieren, was in Gegenwart unaufhörlicher Veränderung unverrückbar bleibt, muss er das rühmen, was den Fluss der sich ewig wandelnden gesellschaftlichen Metamorphose eint. Er muss wahre Bedeutungen erkennen, schöne Beziehungen preisen und die guten Werte wahren Adels feiern.
1955 87:7.9 But the great difficulty of finding a new and satisfying symbolism is because modern men, as a group, adhere to the scientific attitude, eschew superstition, and abhor ignorance, while as individuals they all crave mystery and venerate the unknown. No cult can survive unless it embodies some masterful mystery and conceals some worthful unattainable. Again, the new symbolism must not only be significant for the group but also meaningful to the individual. The forms of any serviceable symbolism must be those which the individual can carry out on his own initiative, and which he can also enjoy with his fellows. If the new cult could only be dynamic instead of static, it might really contribute something worth while to the progress of mankind, both temporal and spiritual.
2015 87:7.9 Aber die große Schwierigkeit, einen neuen und befriedigenden Symbolismus zu finden, besteht darin, dass die modernen Menschen als Gruppe eine wissenschaftliche Haltung einnehmen, sich gegen Aberglauben sträuben und Unwissenheit verabscheuen, während sie sich einzeln heftig nach dem Geheimnisvollen sehnen und das Unbekannte verehren. Kein Kult kann überleben, wenn er nicht ein gebieterisches Mysterium einschließt und ein lohnendes Unerreichbares birgt. Außerdem muss der neue Symbolismus nicht nur bedeutungsvoll für die Gruppe, sondern auch sinnvoll für den Einzelnen sein. Wenn ein Symbolismus nützlich sein will, muss er Formen haben, die der Einzelne aus eigener Initiative ausführen kann und an denen er sich ebenfalls mit seinen Mitmenschen erfreuen kann. Wenn der neue Kult dynamisch statt statisch sein könnte, würde er wirklich etwas Wertvolles zum zeitlichen wie zum geistigen Fortschritt der Menschheit beitragen.
1955 87:7.10 But a cult—a symbolism of rituals, slogans, or goals—will not function if it is too complex. And there must be the demand for devotion, the response of loyalty. Every effective religion unerringly develops a worthy symbolism, and its devotees would do well to prevent the crystallization of such a ritual into cramping, deforming, and stifling stereotyped ceremonials which can only handicap and retard all social, moral, and spiritual progress. No cult can survive if it retards moral growth and fails to foster spiritual progress. The cult is the skeletal structure around which grows the living and dynamic body of personal spiritual experience—true religion.
2015 87:7.10 Aber ein Kult — ein Symbolismus von Riten, Schlagworten und Zielen — wird nicht funktionieren, wenn er zu komplex ist. Und es muss in ihm Aufforderung zur Hingabe und Antwort auf Treue geben. Jede wirksame Religion entwickelt unfehlbar einen wertvollen Symbolismus, und ihre Anhänger täten gut daran, die Kristallisierung eines solchen Rituals zu einem verkrampfenden, entstellenden und erstickenden stereotypen Zeremoniell zu verhindern, das allen sozialen, sittlichen und geistigen Fortschritt nur hemmen und verzögern kann. Kein Kult kann überleben, wenn er das sittliche Wachstum behindert und unfähig ist, den geistigen Fortschritt zu begünstigen. Der Kult ist die Skelettstruktur, um die herum der lebendige und dynamische Körper persönlicher geistiger Erfahrung — wahre Religion — wächst.
1955 87:7.11 [Presented by a Brilliant Evening Star of Nebadon.]
2015 87:7.11 [Dargeboten von einem Leuchtenden Abendstern Nebadons.]